(B)Logbuch der Ugandareise. Sternzeit : 3. Februar 2012
Tag 7: Kibale -> Hoima

Ein neuer Morgen. Ein neuer Sonnenaufgang über dem weiten afrikanischen Land. Zum ersten Mal in Tagen stehen wir spät auf und können in Ruhe frühstücken. Theoretisch unser erster halber Tag Pause.
Aber nicht mit uns. Greg und Stu filmen den Sonnenaufgang. Ich möchte morgens einfach ins Wasser springen und danach die Blogs der letzten zwei Tage, drei Blogs, online stellen, sowie mit Stu, der mir grandios und mit Engelsgeduld, Fotos und Filme herunter rechnet und mit mir aussucht. Hätten wir schnelleres Internet, hättet Ihr alle auch mehr davon! Nikolaus sitzt schon mit Stu und Greg am Pool, als ich mit dem I- Pad bewaffnet zur Frühstücksterrasse komme. Er hört sich mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht durch die Soundfiles der letzten Tage. Michael sitzt auch schon unten und schreibt Facebook Einträge für das JGI-A, während Walter schon die weitere Reise plant. Bos sucht sein Material für seinen Beitrag für das ugandische Fernsehen zusammen. Eine ganz normale Reisetruppe eben!Wir laden unser Equipment, diskutieren die nächsten Tage, helfen uns gegenseitig und frühstücken irgendwann dazwischen. In letzter Minute bekomme ich auch endlich die Blogs online. Wir können endlich los. Habe ich schon erwähnt, das ich unsere Reisetruppe liebe? Man hätte uns nicht besser zusammenstellen können.

Uns erwartet die staubigste Strasse von ganz Uganda. Unnötig zu erwähnen, dass sie die schönsten Schlaglöcher besitzt. Es ist Trockenzeit und roter Sand fliegt durch die Luft. Die Büsche und Bäume, die die Strassen säumen sind mehr rot als grün. Sein eigenes Wort versteht man nicht mehr und auch Hassan ist konzentriert darauf kein Schlagloch zu übersehen. Seine Geschichten gehen mir schon ab!

So versuche ich mich also mal wieder im Schreiben. Nur damit ihr wisst, wie diese Blogs entstehen: auf meinen Knien, suchend nach den richtigen Tasten zwischen einem Schlagloch und dem Nächsten.
Sechs lange Stunden Fahrt liegen vor uns. Und nach der vorgestrigen Fahrt ist nunmal niemand von uns mehr scharf darauf das Interieur eines Autos zu sehen.

Am Weg passieren wir wunderschöne Vögel: Hassan erklärt uns, das sind die “Crested Cranes”, die Wahrzeichen von Uganda. Einer ziert sowohl die ugandische Flagge, als auch eine der Münzen. Sie tragen die Farben Ugandas auf Ihrem Gefieder. Rot, Schwarz und Gelbgold. Sie sind treu, sie bleiben ein Leben lang zusammen. Stirbt einer der beiden Kraniche, bleibt der andere für den Rest seines Lebens alleine. Als die Menschen von Uganda die Vögel noch jagten, und dabei einen Vogel des Paares töteten, blieb der andere am Hausdach des Jägers sitzen. Für immer. So erzählt es Hassan. Und Hassan traut man sich kaum zu widersprechen. Jagt man den Crested Cranes heute, wird man dafür verhaftet.

Stundenlang kann man Hassan zuhören, den wir auch schon Dr. Hassan nennen, da er immer darauf achtet, dass jeder von uns genügend Wasser trinkt und genügend Früchte isst. Wir haben eine Menge Spaß, da ich jeden Tag kleine Bananen haben möchte, und er es einfach nie schafft rechtzeitig an einem Bananenstand zu halten. Dafür hat er mir an einem Morgen frischen Mangosaft gebracht. Hassan ist Fahrer, nein Straßenkenner, Retter der Unterdrückten, Biologe, Geologe, Ernährungswissenschaftler, Fremdenführer und für uns alle ein Freund geworden. Wir lieben ihn!

Mein Blick bleibt an einem meiner Geliebten Lizards hängen als wir eine Pause machen. Michael kann immer noch nicht glauben, das ich diese Tiere wirklich liebe. Ja, Michael, auch die ein-Meter-langen auf Ngamba Island. An einem Baum entdecke ich eine ungewöhnliche, orange Blüte. Als ich mit der Kamera näher zoome, bewegt sich die Blüte und ist ein orangener Lizardkopf. Als ich näher kommt macht er seltsame Auf- und Abbewegungen. So als würde er in die “Knie gehen” und wieder hoch. Hassan erklärt mir: ” They are Agama Lizards, These Black and Orange animals.” Und dass viele von ihnen beim Versuch eine Brücke zu überqueren gestorben seien. Deswegen würden sie bei jedem Versuch sich zu bewegen, den Untergrund auf Standfestigkeit überprüfen und daher die seltsamen Auf- und Abbewegungen machen. Aber klar. Herrlich. Danke. Da hat man doch keine Fragen mehr. Die “Bridge Testing Lizards”, wie Greg sie tauft, amüsieren uns noch eine Weile.

Als wir brennende Felder in einem Urwaldstück passieren, wird das Land in eine Art Endzeitstimmung getaucht, der Boden schwarz verkohlt, stellenweise Glut und züngelndes Feuer. Dunkle Rauchschwaden die gen Himmel ziehen. Auf der Straße und in der Luft hunderte von blauschwarzen Vögeln. ” Abdim Storchs” erklärt Hassan. Die Störche Reihen sich in einer Linie um das brennende Feld auf. Und warten bis die kleinen Tiere und Insekten das brennende Feld panisch verlassen. Eine Art brennendes Storchenbuffet also. ” They pray for the fire to stay for the Rest of their lives” endet Hassan grinsend seine Erklärung. Auch den “Ground Hornbill Storch” lernen wir an seinem Feuerbuffet kennen. Ein eigenartiger schwarzer Storch mit einem großen, rötlichen, verhornten Schnabel. Er klingt beim Fliegen, als hätte er einen Zusatzmotor eingebaut, um in der Luft zu bleiben. Scheint der Schnabel sei zu groß gewachsen für die vergleichsweise schmalen Schwingen. ” He is not good in aerodynamics” resümiert Hassan.

Eine Viertelstunde habe ich über seine Hyänen-Geschichte gelacht. Er war etwas verwundert darüber, dass ich danach unbedingt Hyänen treffen wollte. “You know, the Hyena is not really smart”. “And they are dangerous, if you are drunken!”. Würde man dementsprechend vollkommen “im Öl”, zu hochdeutsch: vollkommen besoffen, am Straßenrand seinen Rausch ausschlafen, sei es schon vorgekommen, das Hyänen, ausgenockte Betrunkene auf Ihren Rücken gehievt haben und weggetragen haben. ” You know, they can carry you on their backs for hours”. Hat der Volltrunkene Glück und wacht rechtzeitig auf, so ist er wenigstens nur meilenweit von zu Hause entfernt, irgendwo in ” Hyenaland”, und wird wenigstens nicht, versehentlich für Aas gehalten, angefressen. Hyänen sind keine großen Jäger also entwickeln sie solche Alternativen Jagdstrategien.
Hyänen können auch auf zwei Beinen laufen, was sie manchmal tun. Die Vorstellung finde ich noch viel lustiger. Hassan erklärt mir weiter, das Hyänen immer den Löwen folgen, da Löwen eindeutig einschüchternder auf den Rest des Tierreiches wirken und generell mit ihren Jagdstrategien erfolgreicher sind. Erlegt der Löwe ein Tier, stürmen die Hyänen von allen Seiten herbei und schreien laut. Machen jederlei Art von Lärm, um den Löwen von der Beute wegzutreiben. Ist der Löwe eher lärmresistent, verfolgen sie die nächste Strategie: auf die Beute pinkeln. Spätestens dann geben die meisten Löwen auf. Eigenurin-Therapie ist wohl etwas für Hyänen. Danach lachen sie fast hysterisch. Muß sehr ansteckend wirken, wenn man Hassan so zuhört. Leider habe ich wahrscheinlich keine Chance eine Hyäne zu sehen oder hören, was ich wirklich gerne würde. Außer ich besaufe mich heute Abend dermaßen, das ich mein Bett im roten Sand am Wegesrand finde…