(B)Logbuch der Ugandareise. Sternzeit: 30. -> 31..Januar  2012  Night 3, Entebbe-Kampala-Äquator-Mbarara-Kibale

463 holprige, staubige “Schlagloch-Kilometer”  haben wir in der Nacht zurückgelegt. Das sind nicht etwa europäisch zu erwartende, niedliche viereinhalb Stunden… Irgendwann haben wir vergessen genau nachzurechnen.. Aber es müssen sowas zwischen 9 und 11 Stunden gewesen sein. Äquator-Überquerungs-Kaffee miteingerechnet. Ein vollbepacktes Auto ohne Benzin von drei Männern durch die dunkelste Nacht geschoben und das ohne Licht(!), mit eingerechnet. Wir beziehen mitten in der Nacht unser Hotel. Die Jungs verweigern seltsamerweise das Kingsize Doppelbett. Ansonsten fallen wir alle scheintot, gut durchgeschüttelt und gerührt in freudiger Erwartung auf 4 Stunden Schlaf ins Bett.

Hurra ein Auto! Erster Gedanke als ich vom Frühstück mit Stu und ein paar Indern aufstehe, die ausflippen, als sie Shiva auf dem Amulett um meinen Hals sehen. “It’s a very powerful god”.


Hurra, wir steigen wieder ins Auto, wobei ich muß sagen, ich fahre eigentlich gerne, denn die Gentlemen hinter mir, Stu, Greg, Michael, Walter und Nikolaus haben der Lady im Team den besten Platz vorne überlassen. Der beste Platz ist es aber nicht nur wegen der Sicht und der “Speibfreundlichkeit”, sondern vor allem wegen der spannenden Gespräche mit Hassan, unserem unermüdlichen Fahrer. Unermüdlich beim spätabendlichen Fahren, unermüdlich all meinen Fragen gegenüber. Ich glaube er weiß einfach alles..

Eigentlich sind wir jetzt nicht mehr zu sechst, wir haben auf dem Weg nach Kibale, kurz nach Kampala (was ich andauernd verwechsle) Bos(s) mitgenommen. Er ist aus Kampala und arbeitet als Journalist für verschiedene, ugandische Fernsehsender wie das ugandische NTV. Er ist auch Romies Cousin. Romies ist eine 23jährige Uganderin, die aus einem der Bergdörfer nahe des Lake Bunyonyi stammt und uns schon bei unserem ersten Uganda-Meeting im JGI-A besucht hat. Ihr erstes Mal in Europa. Mein erstes Mal in Afrika. Lustigerweise mag sie Wiener Schnitzel genauso wenig wie ich. Und das Rindfleisch, das schmeckt für sie komisch in Österreich. Geht uns in Uganda auch so. Andere, wunderschöne, braune und schwarze Rinder gibt es hier, mit langen, spitzen Hörnern. Sie laufen überall die Strassen entlang, manchmal auch vor unser Auto. Sie laufen frei mitten durch die Menschen, keiner fürchtet sich vor den Hörnern. Die Kühe sind ruhig und gelassen. Überhaupt macht es mich jeden Tag beim Fahren glücklich zu sehen, wie kleine Ziegenböcke wild durch die Gegend hopsen. Ziegen- und Schafherden unser Auto zum Anhalten bringen und niemand sich darüber aufregt. Alles hat seinen Fluss. Es gibt kaum Straßenschilder. Und reden wir nicht von Bodenmarkierungen, Straßenbegrenzungen und glattem Asphalt… Die Menschen hier scheinen einfach aufeinander zu schauen. Afrika erdet. Hektik und Hysterie des Städteralltages ist ganz fremd und fern. Ich liebe es hier. Manchmal wirkt eine Situation kurz aggressiv, so als wir ein paar Holzarbeiter mit riesigen Sägen filmen möchten. Sie stoppen die Arbeit und wollen Geld dafür, das sie weitermachen und wir sie filmen.

“Speedbumps are a sleeping police”, unser Fahrer Hassan hat Poeten-Züge.  Momentan wünschten wir uns, die Speedbumps würden woanders “schlafen”. Nur nicht auf der Strasse auf der wir fahren. Mit unseren Bodenwellen ist das kaum zu vergleichen: Bei diesen “Polizisten” handelt es sich um Riesen- bis Fünfteilige “Polizisten”. Wenn man ans Oktoberfest oder den Wiener Prater denkt, wird es einfacher. Ich mag Hassans Erklärungen der Dinge: sie sind so einfach, wie lustig und dabei sehr klug. Gerade erklärt er mir, das es auf der unglaublich rot-staubigen Straße auf der wir gerade fahren keine Schilder sind.
“You could easily get lost”. Als ich meine, es gäbe überhaupt wenig Schilder,sagt er: “Yes, people have to use their heads” und tippt mit seinem langen Zeigefinger an seinen Kopf. Ich muß ziemlich lachen, denn genau das möchte ich dem “Ich-gebe-mein-Hirn-bei-meinem-Navi-ab”-Volk manchmal gerne zurufen, das die Europäische Hemisphäre so dicht bevölkert und sein Auto nach einem sterilen “Bitte rechts abbiegen” auch gerne mal unhinterfragt in einem See versenkt. Überhaupt lässt es sich gut auf unser aggressives europäisches Fahrverhalten übertragen. “Use your head” ,  das hätten wir schon mal als eine von vielen simplen Wahrheiten in Afrika gelernt.

Besondere Freude hatte Hassan mit Gregs und Stus Schlafmasken. Zum Glück habe ja nicht ich die Rolltrollies und Schlafmasken ;-) Ich mag moderne Männer! Schlafmasken in flieder und violett, das veranlasste Hassan zu einem langen verwunderten Blick in den Rückspiegel, kurz irritiert die Strasse aus dem Blick lassen (was er sonst selten tut), gefolgt von der Frage: “What is this?”. Greg: “Eyeshades!” Ich glaube Hassan hat sich immer noch gewundert, warum Fliederfarbenes auf staubigen Strassen mit rotem Staub dem Schlaf zuträglich sein sollte. Natürlich kann ich mit Gregs Erlaubnis Euch diese Bilder nicht vorenthalten. Auch hatte er definitiv das richtige Shirt an diesem Tag an: “Getting dirty” – Abends waren wir das definitiv!

Hier ein kleiner Film zum Thema “Getting Dirty*   Starring Gregory Kennedy-Salemi * Director of Photography: Lilian Klebow ::  00285 (zweimal drauf klicken, dann sollte sich der Film öffnen)