(B)Logbuch der Ugandareise. Sternzeit: 30.Januar 2012 Day 3 Ngamba Island
6:00 klingelt mein Wecker. Es ist dunkel und ich trau mich nicht wirklich das Licht anzumachen. Schlafen gehen im Dunkeln war auch eine Herausforderung und speziell die Suche nach dem Outdoor-Plumpsklo, das wenigstens hochbiologisch ist, hatte so einiges für sich. Kaum ist die Taschenlampe an, bist du umringt von einem Schwarm “Lake Flies”, die das Licht mehr zu lieben scheinen, als jede Motte, es je könnte. Vor allem sind sie nicht gerade von der Eremitensorte. Und sie haben angeblich die liebenswürdige Eigenheit auch durch die kleinste Moskitonetzmasche zu passen.
So stehe ich morgens wieder im Dunkeln auf. Finster, find mal was! Und bin nicht 6:15 beim Frühstück, sondern erst um 6:35. Und was lerne ich vom mich an die ausgemachte Frühstückszeit erinnernden für die Menschenfütterung Zuständigen? Kein “Pole-pole” (Langsam-langsam”, keine “BMT” (Black Men’s Time), nein! “Deutsche Pünktlichkeit” ist gefragt. Life is never what you planned. Und schon gar nicht, wenn man es mit Schimpansen zu tun hat. Michael, Stu und ich dürfen heute Früh -große Ausnahme- mit den Schimpansen in den Urwald spazieren. Der Moment auf den wir alle “geimpft” haben! Wir sind nichts als ein großer Virenpool für die armen, kleinen Schimpansen. Drei Tierpfleger sind bei uns: Stany, Philip und Paul. Mit den Jugendlichen und kleinen Schimpansen gehen wir in das riesige Freigehege. Genaugenommen sizen wir auf den Baumstämmen im Gehege und warten auf die Chimps.
Langsam setzen sich die ersten Affen in unsere Nähe. Einer setzt sich sofort zu Stany. Ganz nah: Baron. Links von mir sitzt Africa, seine “Stiefschwester”. Mit etwas Abstand. Ich kann es nun echt nicht mehr glauben. Das sind die beiden Affenbabys, die so schwer misshandelt wurden. Aus der BBC Reportage. Die beiden, die dann so liebevoll von den anderen Schimpansen aufgenommen wurden. Wir sind gespannt, wann sie Stuarts Kamera entdecken. Wie sie auf uns reagieren. Die Keeper bitten uns, komme was wolle ruhig zu bleiben, uns nicht schnell zu bewegen. Schimpansen können manchmal recht aggressiv sein und sich untereinander “prügeln”. Aber uns würden sie nichts tun. Nervosität. Neugier. Freude. Stany steht auf. Ich rücke näher an Baron heran. Er sieht mich an. Sieht weg. Schaut wieder hoch zu mir.
Als ich wegschaue und wir eine zeitlang so sitzen, spüre ich einen Schimpansenarm auf meinem Rücken. Baron umarmt mich ganz kurz und schüchtern. Dann klettert er vorsichtig an mir vorbei. Wohl etwas schüchtern. Er hat so schöne Augen. Seine Gesichtszüge sind weich und ”lieb”. Die Pfleger sagen Africa dominiert ihn. Er ist eher schüchtern, sucht Körperkontakt und er braucht Aufmerksamkeit. Ich mag ihn. Stany nimmt ihn in den Arm. Drückt ihn. Krault ihn am Kinn. Er schließt die Augen. Scheint die Liebe und Zuneigung zu brauchen. Stany kennt ihn und Africa 6 Jahre lang.
Ich habe großen Respekt vor diesen wunderschönen Tieren. Hm, eigentlich sind sie Persönlichkeiten. Wenn man ihnen so nahe ist, kann man das besonders gut sehen. In ihren Gesichtern lesen.”Schimpansen geben dir gerne einen Schlag in die Kniekehle”, erklärt uns Stany und gibt das Zeichen zum Aufbruch. Wir machen einen “Morning Walk” mit den Schimpansen durch den Urwald. Sie sind ziemlich clever. Entweder sie möchten uns damit sagen, das es viel Klüger ist, auf allen Vieren durch den Dschungel zu laufen und dabei keine Zweige ins Gesicht geschlagen zu bekommen, oder sie haben einfach Spaß daran uns zu zeigen, das sie unseren Schwachpunkt kennen und wir wirklich lustig aussehen, wenn wir nach einem Schlag in die Kniekehle zusammensacken.
Plötzlich spüre ich einen Schimpansenarm an meinem rechten Bein und denk mir “Na klar, gut, sie versuchens” – doch, nein! Africa legt ihren Arm um mein Bien zieht vorsichtig, hebt ihren Arm und deutet mir, das sie auf meinen Rücken möchte. Die Pfleger tragen die Kleinen gerne am Rücken. Ich liebe sie gerade dafür. Leider lassen die Keeper das nicht zu. Ich hätte sie so gerne getragen, aber Africa ist sehr unberechenbar, sie ist immer noch schwer traumatisiert. Sie kann sich zwar trotz der Boxhaltung wieder bewegen, aber wie wir Menschen auch, vergisst die 18monätige Misshandlung nicht.
Wir setzen uns mit den Affen auf eine Lichtung. Manche liegen, manche sitzen. Michael sitzt neben Bili – ja, sie heißt wie ich- einem Teenager-Schimpansenweibchen. Sie liegt am Rücken, ganz entspannt. Wenn die älteren Bosse nicht da sind, ist sie sowas, wie die Chefin der Teenagerschimpansen. Plötzlich greift sie nach Michaels Arm. Er sieht “erleuchtet” aus, so glücklich strahlt er. Ledern und weich, sei ihre Hand gewesen, schwärmt er. Auch Schimpansen mögen Spiegel… Ein Schimpanse sieht ganz fasziniert in Stu’s Kamera und greift nach dem Objektiv, blickt neugierig hinein. Er sieht seine eigene Spiegelung und ist ganz fasziniert. Stuart auch - von den schönen Bildern…
Stany schlägt mir noch vor eine “special experience” zu machen. Er könne mich mit Mika, dem Alphamännchen, ein bißchen alleine im Gehege lassen. Ich mag seinen Humor und erkläre ihm, Natascha (Mikas erstes Weibchen) nicht eifersüchtig machen zu wollen. Schließlich habe ich sie gestern gefüttert. Was würde sie wohl von mir denken!? Auch den “ganz-lieb” gemeinten Vorschlag, es mal mit der Affenleibspeise “Ameisen am Spieß” zu versuchen lassen wir aus. Geröstet vom Markt ok, aber roh und am Stecken
Außerdem können wir leider nicht da bleiben. Das Boot wartet auf uns und ein weiteres Interview mit Panta , dem Chef des ugandischen JGI in Entebbe. Und dann eine 9 stündliche Fahrt bei der wir zum dritten Mal in 3 Tagen den Äquator kreuzen. In diesem Sinne, Schiff ahoi…